Wie kann Mode gleichzeitig schön, trendbewusst und inklusiv sein? Genau dieser Frage sind unsere Studierenden Fashiondesigner/innen im Frühlingssemester 2025 nachgegangen. Im Rahmen des Unterrichtsprojekts «Inklusive Mode – STF × Paraplegiker-Stiftung» entwickelten sie innovative Mini-Kollektionen für Menschen, die im Rollstuhl sitzen.
Ausgangslage
Menschen mit Para- oder Tetraplegie verbringen viele Stunden des Tages in sitzender Position – eine Tatsache, die bei konventioneller Mode selten berücksichtigt wird. Kleidung, die im Stehen gut aussieht und sich angenehm trägt, kann im Sitzen plötzlich drücken, scheuern oder einschränken. Die besonderen Anforderungen an Stoffe, Schnitte und Details sind vielschichtig: Nähte dürfen nicht auf Druckstellen liegen, Materialien sollen atmungsaktiv und weich sein, das An- und Ausziehen muss auch mit eingeschränkter Beweglichkeit möglich sein – und trotzdem darf der modische Ausdruck nicht zu kurz kommen.
Besuch im Paraplegie-Zentrum
Die Studierenden setzten sich intensiv mit diesen Herausforderungen auseinander – nicht nur theoretisch, sondern direkt vor Ort. Im Rahmen eines Besuchs im Paraplegiker-Zentrum erhielten sie authentische Einblicke in den Alltag und die Lebensrealitäten der Zielgruppe. Sie konnten mit Betroffenen sprechen, Fragen stellen, zuhören und ein Verständnis dafür entwickeln, was Kleidung für Menschen im Rollstuhl leisten muss.
Kreativer Prozess im Unterricht
Zurück im Atelier begann der gestalterische Prozess mit einer neuen Perspektive: Mit mehr Empathie und mehr Achtsamkeit. Ein besonderes Highlight war das Zeichnen eines lebenden Modells in Sitzposition. Diese Übung ermöglichte es den Studierenden, sich ganz auf die veränderte Körperhaltung zu konzentrieren und ihre Entwürfe entsprechend realitätsnah zu entwickeln.
In individuellen Coachings wurden die Konzepte geschärft und weiterentwickelt. Es ging um viel mehr als Ästhetik: Wie lässt sich ein Look gleichzeitig funktional, bequem und stilvoll gestalten? Welche Verschlusstechniken eignen sich bei eingeschränkter Fingerbeweglichkeit? Wo muss ein Hosenbund sitzen, damit er nicht einschnürt? Und wie kann eine Jacke gestaltet werden, damit sie im Sitzen weder staucht noch aufträgt?
Die entstandene Kollektionen
Die Studierenden kombinierten ihr gestalterisches Können mit mutigen Ideen: Sie arbeiteten mit weichen, druckfreien Materialien, entwickelten clevere Schnittlösungen und achteten auf jedes Detail – von der Platzierung der Taschen bis hin zur optimalen Bewegungsfreiheit im Sitzen. Dabei war das Zusammenspiel von Form, Funktion und Stil zentral.
Die entstandenen Mini-Kollektionen – jeweils fünf Looks pro Studierende – zeigen eindrucksvoll, wie Mode inklusiv gedacht und gestaltet werden kann. Sie sind das Ergebnis einer tiefen Auseinandersetzung, ehrlicher Neugier und echtem Engagement.
Das Learning?
Inklusive Mode ist kein Sonderfall. Sie ist ein selbstverständlicher Teil einer vielfältigen Gesellschaft.
Die Studierenden haben in diesem Unterricht nicht nur entworfen. Sie haben gelernt zuzuhören. Zu verstehen. Und Mode zu gestalten, die nicht nur ästhetisch, sondern auch menschenfreundlich ist.